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Weiterrennen

 

Okay. Ein zweiter Text. Drei Minuten. Ist ja nicht so viel.

Also gut – schreibe ich einen neuen Text oder nehme ich doch einen alten? Und den dann kürzen. Zum Beispiel meinen Text über Reklame. Ich könnte ihn auch einfach schneller lesen. Das wäre gar nicht schlecht. So bekäme er noch mehr Drive.

Genau: einfach schneller lesen. Und dann noch schneller, schneller, schneller, immer schneller. Keine Zeit, keine Zeit.

Kappen, kürzen, knapsen.

Kann ich, soll ich, mach ich.

Schneller, schneller, immer schneller.

Rennen, rauschen, rasen, rattern, knattern, tackern, toben, traben,

sausen, schäumen, sprinten, spurten, springen, spritzen, sprudeln, sputen, stürmen, stieben,

preschen, pesen, pushen, pullen,

hasten, hetzen, hechten, huschen, hüpfen,

fegen, fetzen, fiebern, fliegen, fliehen, flitzen, flackern, flüchten,

wetzen, wieseln, wallen,

blitzen, brennen, brausen,

drängen, eilen, laufen, jagen.

Beeilen, beeilen!

Rennen, stolpern, aufspringen, weiterrennen.

Funktionieren, funktionieren. Kann ich, kann ich, kann ich, kann ich, mach ich jeden Tag.

Weiterrennen, weiterrennen, weiterrennen, weiterrennen....

Ja, so kann ich’s machen, so geht es immer.

 

Aber es muss doch auch anders gehen.

Die Titanic sinkt – und die Bordkapelle spielt weiter. Das hat Stil!

Schluss mit Weiterrennen. Anders machen.

Sich Zeit nehmen, wenn man keine Zeit hat.

Sein Leben leben, wenn das Leben einen lebt.

Pause machen, wenn und auch weil man spät dran ist.

Warum nicht mal die Frau mit dem vollen Einkaufswagen vorlassen? Und zwar nicht nur, weil sie ein kleines Kind dabei hat.

Den alten Mann mit dem Gehwagen einfach mal nicht überholen, sondern ihm ganz gemächlich hinterherschlendern.

Oder wie Martin Luther bereits gesagt hat: „Ich habe heute viel zu tun. Darum muss ich heute viel beten.“

 

Schluss mit Weiterrennen. Anders machen.

Aufstehen, wenn die Ketten enger werden.

Seine Meinung genau dann sagen, wenn einem der Mund verboten wird.

Lachen, auch wenn es weh tut und obwohl alles sinnlos erscheint.

Bleiben, wenn andere gehen.

Bei Dir sein wollen – auch und gerade wenn es Dir schlecht geht.

 

Mal was anders machen. Alles andere machen alle.